Donnerstag, 15. September 2011

Eine letzte Zuflucht der Katharer - die Burg Peyerpetuse

Auf den Bergkämmen der Corbière erheben sich zahlreiche Burgruinen, die von weitem wie überdimensionierte Vogelnester aussehen. Solche Festungen waren uneinnehmbar und boten einen guten Schutz vor Angreifern, aber das Leben weit oben war sicher auch mühselig und karg, das wird klar wenn man eine solche Burg besteigt. Besonders eindrucksvoll ist Peyerpertuse oberhalb des Dorfes Duihlac. Die Burg wurde erstmals im Jahr 1070 erwähnt und war ein Vizelehen des Grafen von Narbonne. Es ist eine Katharerburg, bis 1240 beherbergte der Burgherr Guillaume von Peyrepertuse flüchtige Katharer und enteignete Lehnsherren. Aber die französische Übermacht war zu gross, Guillaume unterwirft sich und die Burg wird 1240 französischer Besitz.



Peyerpetuse ist eine grosse Burg in zwei Teilen, einem unteren Teil mit Wohntrakten, einer Zisterne und der Marien-Kapelle. Der obere Teil wird durch eine schmale Treppe erreicht und wird vom Turm überragt, hat ebenfalls einen kleineren Wohntrakt und ebenfalls eine Kapelle.

Der Eingang in die Burg

Die Katharer waren Gläubige einer - von der katholischen Kirche - abtrünnige Sekte, deren Verbreitung von Deutschland, Frankreich bis nach Italien reichte. Vor allem in Okzitanien (Südfrankreich von der Provence über Languedoc-Roussillon bis nach Katalonien) breitete sich der Katharismus im 12. Jh stark aus. Auch ein grosser Teil des okzitanischen Adels verbündete sich mit den Katharer, weil sie ein Gegengewicht zum französischen König und den Papst bildeten, welche die Unabhängigkeit des eigenständigen Pay d'Oc gefährdete. Aber vor allem das einfache Volk sympathisierten mit den Kathraren, welche das asketische, einfache Leben der «Perfecti» (katharische Prediger) bewunderte und ihre in der Volksprache gehaltenen Predigten verstanden. Wichtig für den Adel und das Volk war auch die Ablehnung der Abgabe des Zehnten, der finanziellen Grundlage der katholischen Kirche. 
Die Burg von hinten gesehen

Die Grundlage des katharischen Glaubens ist der Dualismus, der Glaube zweiter gegensätzlicher, dem Menschen innewohnender Schöpfungsprinzipien, das Gute, Gottes Werk und, das sich in der materiellen Welt ausrückende Böse. Arno Borst, der ein Standardwerk zum Katharismus geschrieben hat, beschreibt das so: «Der Teufel schuf alles Sichtbare und Vergängliche, darunter auch den menschlichen Körper, Gott schuf alles Bleibende und Unsichtbare, auch die menschliche Seele.» Die Katharer glauben an die Seelenwanderung, nur die reine, vom Bösen befreite Seele kann ihren Platz im Himmel einnehmen, bis dahin wird sie in neuen Körpern wiedergeboren. Gott sandte Jesus Christus nicht für den Loskauf der Erbsünde auf die Welt, sondern um den Menschen den Weg des Heils zu zeigen. Die «Vollkommenen» sind geweihte Priester und müssen ein streng asketisches Leben führen, sie verzichten auf Fleisch, verpflichten sich zum Fasten und zur Arbeit und verzichtet auf jeglichen Geschlechtsverkehr. Die Masse der Anhänger sind die «Gläubigen», sie sind noch der Sünde unterworfen und können auf dem Sterbebett das Sterbesakrament (Consulamentum) empfangen und sein Leben in Frieden beschliessen, das seine Seele in einer neuen fleischlichen Hülle wiedergeboren und eines Tages erlöst wird. 
Die Sicht von der oberen Burg auf die Hauptburg
Die zunehmende Ausbreitung der Katharer in Okzitanien wurde von der katholischen Kirche als immer grössere Gefahr angesehen und 1208 wird zum Kreuzzug gegen die «Albigenser» (so werden die Katharer in Frankreich genannt nach des Stadt Albi) aufgerufen. Ein grosses Heer, unterstützt von den Vasallen des französischen Königs, wütet vor allem in Bézière. Sie richten ein riesiges Blutbad an und zerstören die ganze Stadt, bis zu zwanzigtausend Menschen werden am 22. Juli 1209 niedergemezelt. Erschüttert und verängstigt durch dieses Beispiel ergeben sich viele Städte des Languedoc kampflos. Nachdem auch Carcassonne nach der Belagerung gefallen ist, fliehen viele Katharer in die unwirtlichen Berggebiete und in die «Katharerburgen». Sie werden gnadenlos verfolgt, viele Dörfer und Städte belagert und zahlreiche «Ketzer» werden verbrannt (das Wort Ketzer kommt vom Begriff Katharer). Der Albigenserkrieg wütet viele Jahre, vor allem Toulouse wird erobert und wieder zurückerobert, erst im Jahr 1229 kapituliert der okzitanische Graf von Foix und lässt die Inquisition zu. Vor den Exzessen dieser Institution fliehen die übrig gebliebenen Katharer in die Burgen der Corbière, u.a. auch nach Peyrepertuse und die legendäre Burg Monségur. Hier versammelten sich die letzten 500 Katharer und trotzen den der Belagerung 10 Monate lang, sie kapitulieren 1244, mehr als 200 Menschen werden unterhalb der Burg verbrannt, weil sie ihrem Glauben nicht abschwöhrten.


Die Sicht von Perypertuse auf die noch heute fast unbewohnte Corbière-Region, die durch ihre Abgeschiedenheit lange ein Rückzugsgebiet der Katharer war. 

Montag, 12. September 2011

Die Seemannskappelle auf dem Berg

Die «Chapelle notre Dame des Auzils» liegt im Gebiet der Montagne de la Clape oberhalb von Gruissan. Ein steiler Weg führt zur Kapelle, die 1635 gebaut wurde. Betreut wurde sie von einem Eremiten, der in dieser Einsamkeit lebte. Seit 1797 bis heute wird mit Prozessionen zu Ostern und Pfingsten der Seeleute von Gruissan gedacht, die ihr Leben auf dem Meer verloren haben. Auf beiden Seiten des Weges stehen insgesamt 27 Grabsteine von Seeleuten, gestiftet von ihren Angehörigen.



Auf dem ersten Grabstein wird Kapitän Honoré Peronelle gedacht, der mit 31 Jahren im Jahr 1860 im Meer vermisst wird. Erinnert wird dann an François Ambert, Kapitän auf grosser Fahrt, der vermisst im Meer vor Marokko am 27. März 1928 im Alter von 51 Jahren ums Leben kam. Auf der nächsten Stele gedenken die Seeleute von Gruissan den Besatzungen der Sibylle, der Minerve und der Eurydice, verschollen im Meer 1952, 1968 und 1970. Und auf dem letzten Grabstein erinnern die Angehörigen an Piere Bouquette, gestorben in Philippevile am 2. Juni 1902 im Alter von 17 Jahren und an Theodore Rouquette, Kapitän auf grosser Fahrt gestorben in Marseille 1891 im Alter von 42 Jahren.


Nach der halben Wegstrecke befindet sich ein kleiner Garten mit einem Häuschen, hier lebten die Eremiten, der letzte pflegte hier den Garten noch vor einigen Jahrzehnten und führte die Besucher durch die Kapelle. 


In der Kapelle ist eine einmalige Sammlung von Votivbildern zu sehen. Hier danken die Seeleute für ihre Rettung durch die Jungfrau Maria oder einen Heiligen vor einem Schiffsuntergang oder starken Sturm. 1968 wurden 68 der 73 Votivbilder gestohlen, sie sind bis heute nicht wieder aufgetaucht. Glücklicherweise gabe es von allen Bildern Fotos, so dass sie durch grosszügige Spenden originalgetreu wieder restauriert werden konnten.



Der Blick auf einen sehr wilden und ursprünglichen Wald, fast ein Dschungel am Mittelmeer. 


Samstag, 10. September 2011

Betty Blue in den Stelzenhäusern von Gruissan-Plage

Einzigartig ist die Siedlung der Stelzenhäuser in Gruissan-Plage. Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts bauten hier die Narbonnaise ihre «Ferienhäuser», um den Sommer am Meer zu verbringen. Im Jahr 1899 wurden die bescheidenen Holzhäuser von einer Sturmflut zerstört. Doch umgehend erfolgte der Wiederaufbau und sicherheitshalber diesmal auf Stelzen. Heute stehen mehr als 1300 Häuser in Gruissan-Plage. Die Stimmung in dieser Siedlung ist eigen, hie und da erinnern die Strassen zwischen den Häusern und die Stromkabel darüber an Quartiere im Süden der USA.




Berühmt wurde diese Siedlung durch einen Kultfim von Jean-Jaques Beinex: «Betty Blue - 37,2° am Morgen» gedreht nach der Romanvorlage des bekannten Autors Philippe Dijan. Dieser Roman schildert eine amour fou zwischen dem Icherzähler ohne Namen, der als Mädchen für alles eine Ferienhaussiedlung betreut und der herumstreunenden jungen Frau Betty. Der Erzähler schildert sein Leben so: «Wenn es schön war, konnte man mich gewöhnlich in meinem Liegestuhl finden, da konnte ich stundenlang drin lieben blieben. Mir schien es dann, als hätte ich die rechte Balance zwischen Leben und Tod gefunden, als hätte ich die einzig gescheite Beschäftigung überhaupt gefunden.»


Diese Balance gerät durch Betty gründlich durcheinander. Der Besitzer der Siedlung verlangt vom Paar die Häuser zu neu zu streichen. Zuerst beginnen sie diese Arbeit voller Elan: «Die Bude erschien einem fast unwirklich, rosarote Fensterläden auf einem weissen Untergrund, und die beiden Alten fielen sich entzückt um den Hals, Betty und ich waren hundemüde.» Rosa Anstriche habe ich in der Stelzensidlung nicht gefunden, aber teilweise liebevoll gepflegte Gärtchen unter den Stelzen.


Das Anstreichen wird dem Paar zu anstrengend und eine Auseinandersetzung mit dem Besitzer der Siedlung führt dazu, dass Betty das Haus des Erzählers abbrennt: «Die Baracke machte VVLLOOOOOFF! Es war wie ein Vorgeschmack auf die Hölle. Dann nahm sie ihre Koffer, während die Flammen aus den Fernstern schlugen. - So, kommst du...? fragte sie. Wir gehen». So endet Episode in den Stelzenhäusern von Gruissan (nur im Film ist der Ort Gruissan-Plage) und eine lange Flucht beginnt.

Heute werden neue Häuser auf Stelzen gebaut, eine ganzer neuer Siedlungsteil entsteht am Ende von Gruissan-Plage.


Diese Feriensiedlung ist wirklich einmalig, die Häuser sind heute noch einfach aber funktional, jedes hat sein Eigenart Der Strand ist sehr schön und bietet in der Nachsaison viel Platz. 


Donnerstag, 8. September 2011

Markttag in Gruissan und der Tramontane am Strand

Gestern habe ich den Markt von Gruissan besucht, der drei Mal pro Woche stattfindet. Es ist ein typischer Markt mit allem was dazu gehört, billigen Kleidern, Krimskrams, frischen Gemüsen und Früchten von den Bauern der Umgebung und verführerischen regionalen Spezialitäten. Diese waren auch der Grund, dass ich in einen kleinen Kaufrausch geriet. Zum ersten Mal degustierte ich Olivenöl, das wirklich sehr unterschiedlich schmeckt. Von leicht bitter und herb bis hin zu säuerlich und sehr fruchtig. Alle Olivenöle sind aus der Region, ich entschied mich für das Öl «Verdale» aus Floure bei Carcassonne. Ich kaufte u.a. auch Weine und entdeckte dabei den besten Rosé, den ich je getrunken habe (ich mag Rosé meistens nicht, weil er oft zu süss und schlecht ist). Es ist ein Corbière und heisst Château Serres, er schmeckte ein klein wenig nach Heidelbeeren.

Der Olivenhändler präsentiert seine Produkte überzeugend
Viel Würste verschieden mit den verschiedensten Gewürzen
Die Gewürze riechen verführerisch
Oliven in allen Varianten
Seit einigen Tagen weht hier ein starker Wind, es ist der Tramontane, der Fallwind aus den Cevennen, der wie der Mistral (in der Provence) die Wolken verweht und blauen Himmel bringt. Glücklicherweise ist dieser Wind eher kühl, weil es sonst sehr heiss wäre. Bei Gegenwind bin ich mit dem Mietvelo fast stehen geblieben. Am Strand hatten die Sonnenschirme keine Chance, sie wurden reihenweise ins Meer geweht. Ich schwamm etwas im angenehm kühlen Meer (unter 22 Grad gehe ich freiwillig nicht ins Wasser).

Der Wimpel am Strand zeigt den starken Wind
Nur solche Zelte blieben fest verankert am Strand stehen